Wir schauen zurĂŒck ins Jahr 2007. Das erste iPhone wird gerade veröffentlicht. Nur wenig spĂ€ter lanciert eine Schweizer Digitalagentur namens Liip eine App fĂŒr das leistungsstarke GerĂ€t. Die App wird in der Schweiz schnell zur am hĂ€ufigsten heruntergeladenen Anwendung zu jener Zeit. Der beliebte Service nutzt Daten aus dem SBB-Onlinefahrplan und kombiniert sie mit dem Standort der Nutzerin. Was heute zum Kern jeder MobilitĂ€ts-App gehört, war damals eine wichtige Innovation. Statt diese zu Geld zu machen, hat Liip diese Daten-Ausleih-Maschine unter transport.opendata.ch fĂŒr jede:n kostenlos zugĂ€nglich gemacht – gemĂ€ss unseren Prinzipien Open-over-Closed und We-over-Me.

Heute ist transport.opendata.ch einer der erfolgreichsten Open-Data-Dienste in der Schweiz mit fast 3 Milliarden Anfragen bis heute. Seitdem haben eine Vielzahl anderer kreativer, wertvoller und teilweise verrückter Anwendungen Wert daraus geschöpft. Die Schweizer Open-Data-Bewegung formte sich um den Dienst. Heute ist der freie Zugang zu öffentlichen Verkehrsdaten offizielle Schweizer Regierungspolitik. Es ist Öffentliche Infrastruktur.

Seitdem wurden mehrere andere Sektoren durch die Kraft von Open-Data-Infrastruktur transformiert: sei es Gesundheit, Bildung, Finanzen oder Landwirtschaft. Diese Entwicklung wird hier nicht aufhören: Open-Data-Infrastruktur ist ein Katalysator fĂŒr Innovation, der es verschiedenen Profilen ermöglicht, zusammenzuarbeiten und bahnbrechende Lösungen zu entwickeln.

Der Kampf gegen den Verlust der BiodiversitÀt ist ein System, das dringend einen solchen Boost benötigt.

Kampf gegen den Verlust der BiodiversitÀt

BiodiversitĂ€t bedeutet Vielfalt von Leben auf dem Planeten Erde – Pflanzen, Tiere, ihre Interaktionen und Ökosysteme. Ökosysteme sind fĂŒr uns von entscheidender Bedeutung, da sie sauberes Wasser liefern, CO₂ speichern oder Böden fruchtbar halten.

Doch die BiodiversitÀt ist stark bedroht.

Wir mĂŒssen den Kampf gegen den Verlust der BiodiversitĂ€t verstĂ€rken und beschleunigen.

Das bestehende System – und die Hindernisse

Wissenschaftliche Forschung ist ein Bereich, der zu diesem Kampf beitrĂ€gt. Forscher:innen auf der ganzen Welt tragen Daten zum bestehenden Wissenskorpus bei – finanziert mit öffentlichen Geldern. Dieses System funktioniert gut, es ist seit Jahrzehnten etabliert.

Jedoch ist viel von diesen wachsenden Daten- und Wissenssammlungen entweder physisch in Bibliotheken und Naturkundemuseen abgelegt oder online als unstrukturierte Daten in PDFs veröffentlicht. Einige der online veröffentlichten Arbeiten sind sogar hinter Paywalls gesperrt.

Diese Barrieren verhindern, dass wir den Nutzen dieser Daten und das damit verbundene Wissen voll ausschöpfen können.

Plazi: Der Robin Hood der BiodiversitÀtsdaten

Seit 2008 unterstĂŒtzt und fördert die Schweizer NPO Plazi die Entwicklung von dauerhaft und offen zugĂ€nglicher digitaler taxonomischer Literatur aus der BiodiversitĂ€tsforschung.

Plazi hat die digitale Infrastruktur fĂŒr Data-Mining und Extraktion aus taxonomischen Publikationen entwickelt und pflegt sie. Zusammen mit anderen Partnern[1] befreit Plazi wissenschaftliche Erkenntnisse ĂŒber Tiere, Pflanzen oder Ökosysteme. Es ist Plazis Mission, taxonomische Daten nach dem FAIR-Standard der Gemeinschaft zugĂ€nglich zu machen: Findable, Accessible, Interoperable, Reusable. Plazi fĂŒhrt auch Trainings und Workshops durch, um Forscher:innen und Verleger:innen zu sensibilisieren und eine globale Community aufzubauen.

Liip und Plazi haben sich als Partner mit gemeinsamen Werten gefunden.

Was benötigen wir?

Wie können wir die Entwicklung der Open Data Infrastruktur fĂŒr Biodiversity Research Data beschleunigen?

Der grösste Teil der erforderlichen Infrastruktur wurde bereits gebaut oder wird gerade ergĂ€nzt. Es werden Ressourcen fĂŒr die Wartung dieser Dienste benötigt und, um die Befreiung weiterer Daten zu beschleunigen. Um diese BemĂŒhungen jedoch stĂ€rker voranzutreiben, mĂŒssen wir einerseits den Zugang zu den Daten selbst vereinfachen und andererseits effizienter im Umgang mit den vorhandenen Daten werden:

  • Wir benötigen Zugang zu den rund 1’000 wichtigsten Zeitschriften in der BiodiversitĂ€tsforschung fĂŒr die nĂ€chsten fĂŒnf bis zehn Jahre. Da es zu lange dauern wĂŒrde, bis genĂŒgend akademische Verlage in diesem Sektor ihr GeschĂ€ftsmodell Ă€ndern, brauchen wir eine ÜberbrĂŒckungslösung. Stiftungen oder öffentliche Gelder könnten den Zugang fĂŒr einen beschrĂ€nkten Zeithorizont finanzieren.
  • Intensivierung des Community-Buildings und der Trainings. Es mĂŒssen so viele Forscher:innen, Akademiker:innen und Verlage wie möglich fĂŒr das Thema Open Biodiversity Research Data sensibilisiert und geschult werden.
  • Wir brauchen einen ersten Schweizer Biodiversity Hackathon, der die Kraft einer Open Data Infrastruktur fĂŒr den Kampf gegen den Verlust der BiodiversitĂ€t in der Schweiz – und darĂŒber hinaus – erkundet und illustriert.

RĂŒckblick

Wir befinden uns im Jahr 2035. RĂŒckblickend hat das Engagement der Schweiz fĂŒr eine Open Biodiversity Data Infrastruktur im Jahr 2025 wohl das zentrale Signal gesetzt. Es war nicht nur die Höhe der gesprochenen Mittel gewesen, sondern vor allem der Schritt hin zur Öffentlichen Infrastruktur, der andere Regierungen und Organisationen zu Ă€hnlich starken Initiativen bestĂ€rkt hatte. Die Open Data Infrastruktur hat Innovation und die Entwicklung intelligenter Lösungen vorangetrieben, mitgetragen von der Nachfrage nach BiodiversitĂ€tsberichterstattung und -Consulting. Diese Umgebung hat auch das Biodiversity Monitoring weiter vorangebracht.

Die Kombination aus Dringlichkeit, gesetzlichen Vorgaben, zugĂ€nglichen Daten und Infrastruktur hat zentrales Momentum geschaffen, um den Kampf gegen den Verlust der BiodiversitĂ€t mit ĂŒberzeugendem Effort voranzutreiben.


[1] Das Biodiversity Literature Repository bei Zenodo, CERN, dient als nachhaltiges Repositorium fĂŒr Daten und Annotationen, die aus Publikationen abgeleitet wurden. Das BiodiversityPMC kombiniert Veröffentlichungen aus den Life Sciences mit denen aus den Bereichen BiodiversitĂ€t und Naturschutz. Die Daten werden von der Global Biodiversity Information Facility (GBIF) verwendet, um Beobachtungen mit den daraus abgeleiteten Forschungsergebnissen zu verknĂŒpfen. Die Daten fliessen in die Checkliste Bank ein, um den Catalogue of Life zu erweitern. TreatmentBank und neue Publikationsworkflows erzeugen einen stĂ€ndigen Strom von neuen semantisch angereicherten Veröffentlichungen und Legacy-Daten. All diese Institutionen, Produkte und Plattformen – und mehr – arbeiten unter anderem mit Daten von Plazi.