Jedes gute agile Projekt verdient eine Retro
Am Ende eines jeden agilen Projekts steht idealerweise eine Retrospektive: Ein RĂŒckblick auf Erfolge, Spannungen und Optimierungspotenziale. In diesem Blogbeitrag steht die Perspektive der beteiligten Fachspezialist*innen auf Kund*innenseite im Mittelpunkt. Beteiligt in diesem Roundtable waren kundenseitig Serge German (Project Owner), Sabrina Peterer (Projektleiterin Digitalisierung und Visitor Experience) und Clelia Kanai (Leiterin Marketing und Kommunikation).
Von technischer Notwendigkeit zur strategischen Chance
Die bisherige Website des Museum fĂŒr Gestaltung ZĂŒrich wurde vor ĂŒber sieben Jahren konzipiert und Anfang 2018 lanciert. Seither hat sich vieles weiterentwickelt â nicht nur technologisch.
âDie Angebote des Museums â insbesondere im digitalen Bereich â sowie die Anforderungen an Nutzung und redaktionelle Verwaltung haben sich stark verĂ€ndert. Es war Zeit fĂŒr eine neue Website, die wieder als zentrale Plattform der digitalen Kommunikation dient und eine solide technische Basis fĂŒr kĂŒnftige Entwicklungen bietetâ, so Sabrina Peterer.
Die passende Agentur: Fachkompetenz, Ressourcen und Arbeitsweise
Unsere Auswahl erfolgte im Rahmen eines Einladungsverfahrens. âWir suchten eine Agentur, die neben den grundlegenden Anforderungen insbesondere agile Prozesse lebt, die notwendigen Kompetenzen und Ressourcen fĂŒr die Umsetzung mitbringt und einen sicheren Betrieb sowie laufende Weiterentwicklung gewĂ€hrleisten kann. In diesem Projekt â wie in vielen, bei denen ich als PO tĂ€tig war â war AgilitĂ€t ein zentrales Auswahlkriterium und letztlich auch ein Erfolgsfaktor.â
Weiter entscheidende Punkte waren VerlĂ€sslichkeit und Sicherheit. Sabrina ergĂ€nzt: âFĂŒr uns war das Vertrauen in das Know-how von Liip hinsichtlich eines zuverlĂ€ssigen Betriebs und Supports zentral â auch aufgrund der Unternehmensgrösse. Wir wurden nicht enttĂ€uscht und konnten auf eine verlĂ€ssliche Partnerin zĂ€hlen.â
Die Herausforderungen der digitalen Transformation im Kulturbereich
Die Website ist oft Teil eines grösseren digitalen Transformationsprozesses â auch im Kulturbereich. Clelia bringt es auf den Punkt: âDigitale Inhalte bieten grosses Potenzial, das Besuchserlebnis zu bereichern und neue Wege des GeschichtenerzĂ€hlens oder der Wissensvermittlung zu erschliessen. Etablierte Prozesse anzupassen, stellt dabei oft eine zentrale Herausforderung dar. Der Anfangsaufwand ist manchmal eine HĂŒrde, obwohl digitale Tools, Effizienzgewinn und Entlastung durch Automatisierung versprechen. Schnittstellen ermöglichen beispielsweise die fehlerfreie Verbreitung von Inhalten ohne manuelles Zutun, setzen aber eine durchdachte und konsistent umgesetzte Datenstruktur voraus.â
Fortschritt durch Nutzerzentrierung
Im Projekt zeigte sich rasch, dass wir und der Kunde grundlegende Prinzipien fĂŒr die Gestaltung digitaler Produkte teilen. Clelia beschreibt: âKonzeptionell brachte der Fokus auf konkrete UserbedĂŒrfnisse â etwa Barrierefreiheit und Mehrsprachigkeit â echten Fortschritt. Durch Recherche, Tests und Iterationen konnte UI/UX optimiert werden.â
Davon profitieren nicht nur die Besucher*innen der Website: âIm Hintergrund schuf das neue CMS eine Basis fĂŒr eine effiziente, zukunftsfĂ€hige Datenverwaltung. Wie gut es sich als zentrales Storytelling-Tool und Content-Hub fĂŒr das Museum etabliert, wird sich im Betrieb zeigen. Die einfache Bedienung und die geringe Einarbeitungszeit â bei stetig wachsendem Redaktionsteam â haben sich bereits bewĂ€hrt.â
Iteratives Vorgehen, Userforschung und Datenstruktur als zentrale Bausteine
Digitale Tools entwickeln sich stĂ€ndig weiter â ebenso wie BedĂŒrfnisse. Sabrina betont:
âEin iteratives Vorgehen und kontinuierliche Entwicklung sind empfehlenswert. UserbedĂŒrfnisse zu erforschen, ist essenziell â sie bilden das RĂŒckgrat des Projekts. Diese Basis erlaubt eine zielgerichtete Planung und Priorisierung zwischen Must, Should und Could. Auch im Backend, insbesondere bei der Datenstruktur, ist eine sorgfĂ€ltige ĂberprĂŒfung zentral.â
Eine Website fĂŒr ein Designmuseum: Gutes Design und mehr
Die AnsprĂŒche an Design und UX/UI waren â naturgemĂ€ss â besonders hoch. Sabrina erklĂ€rt:
âGutes Design ist fĂŒr uns zentral. Viele bewĂ€hrte Prinzipien stammen aus dem Printbereich und prĂ€gen auch Teile unseres CI/CD. Doch diese sind nicht immer digital ĂŒbertragbar. Deshalb waren neue AnsĂ€tze nötig. Im Zweifel wurde die Usability höher gewichtet als das visuelle Design. Um UX/UI und visuelles Design zu verbinden, wurde ein Set an Designprinzipien entwickelt â was zusĂ€tzlichen Aufwand bedeutete, da einzelne Elemente gesondert angepasst werden mussten.â
Ein Ziel war es, das Erlebnis der Ausstellungen auch digital erlebbar zu machen. Sabrina berichtet:
âDas GefĂŒhl von Ruhe und Fokussierung wurde als zentrales Besuchserlebnis identifiziert. Dies spiegelt sich in klar strukturierten Inhalten, einem zurĂŒckhaltenden Design und guter UI wider. Die Website bietet einen optimalen Rahmen fĂŒr digitale und analoge Inhalte â nach dem Prinzip: Erst funktionale Information, dann Inspiration.â
Die Bildungsmission des Museums ist ebenso berĂŒcksichtigt:
âDie Website informiert ĂŒber das umfangreiche Ausstellungsprogramm und bietet vertiefte Einblicke: visuelle EindrĂŒcke (z.âŻB. regelmĂ€ssig aktualisierte Hero-Videos), Textbeschreibungen, Videoinhalte und praktische Besuchsinfos.â
Barrierefreiheit als SelbstverstÀndlichkeit
Barrierefreiheit ist entscheidend â erst recht, wenn Inklusion zur Strategie gehört. Deshalb wurden unter Anleitung von Liips Accessibility-Expert*in folgende Massnahmen umgesetzt:
- Erweiterte Mehrsprachigkeit (Deutsch/Englisch/Französisch/Italienisch)
- Redaktionell: Texte gekĂŒrzt und strukturiert; Inhalte wie Audiodeskriptionen ergĂ€nzt
- Barrierefreiheits-Informationen zu Veranstaltungen â direkt im Kalender mit Icons sichtbar
Die Website erfĂŒllt den WCAG A+-Standard: Sie ist wahrnehmbar, bedienbar, verstĂ€ndlich und robust.
Vom Konzept zum Produkt in 4 Sprints
Die UX/UI-Reise wurde bereits im Design auf reale UserbedĂŒrfnisse ausgerichtet. Die Umsetzung erfolgte unter der Leitung von Serge auf Kundenseite. Er beschreibt:
âDie Umsetzung brachte Herausforderungen â insbesondere, gewĂŒnschte Funktionen im Budgetrahmen zu realisieren. Zwischen DesignentwĂŒrfen und realisierbarer Umsetzung klaffte oft eine LĂŒcke, die kontinuierliche Anpassungen erforderte. Auch zwischen erhoffter Automatisierung und manueller Inhaltsverwaltung gab es Differenzen.â
Content-Erstellung, Seitenaufbau und Ăbersetzungen: Blökkli und Drupal als Dream-Team
FĂŒr das Content-Management empfahlen wir Blökkli, den von Liip entwickelten Open-Source-Blockeditor. Serge sagt: âEs ist eine Freude zu sehen, wie leicht sich mit Blökkli verschiedenste Inhalte konsistent erstellen lassen (...) Da die Inhalte grundlegend ĂŒberarbeitet wurden, war wenig Migration nötig. Die Seitenerstellung erfolgte hauptsĂ€chlich mit dem Blökkli-Editor. Dank der intuitiven Bedienung und der starken visuellen Möglichkeiten verlief das Onboarding schnell und unkompliziert.â
Die Website war bereits dreisprachig (Deutsch, Französisch, Englisch). Neu kam Italienisch hinzu â mit relevanten Besucher*inneninformationen in allen vier Sprachen, wĂ€hrend Serviceinformationen vorrangig auf Deutsch und Englisch verfĂŒgbar sind. Serge erlĂ€utert:
âDrupal ermöglicht die einfache Erstellung und Verwaltung von Ăbersetzungen. Ein DeepL-Modul erlaubte schnelle Ăbersetzungen grosser Textmengen ohne Copy-Paste.â
Gleichzeitig war klar:
âDie QualitĂ€t maschineller Ăbersetzungen machte eine zusĂ€tzliche redaktionelle Kontrolle nötig.â
Verbesserungsmöglichkeiten und Ausblick
Kein Projekt ist perfekt. Auch mit viel UX/UI-Erfahrung, so die Kund*innenseite, âhĂ€tten wir uns mehr strategisch-konzeptionelle UnterstĂŒtzung gewĂŒnscht â insbesondere bei ungelösten Fragen zwischen Design und Umsetzung, die zu Mehraufwand fĂŒhrten.â
Obwohl die neue Website die meisten Anforderungen erfĂŒllt, gibt es WĂŒnsche nach weiteren Funktionen oder einer anderen Priorisierung. Trotzdem war das erste Feedback nach dem Soft Launch âĂŒberwĂ€ltigend positiv â intern wie extern. Identifizierte Probleme wurden meist frĂŒhzeitig erkannt und behoben, das Projektteam holt laufend Feedback ĂŒber erweiterte Reportings ein.â
Eine Retrospektive ist auch ein Blick in die Zukunft. Das Schlusswort der Kundschaft: âDie kontinuierliche Weiterentwicklung wird eine der grossen Herausforderungen sein. Die effiziente Verwaltung digitaler Inhalte â ĂŒber verschiedene Plattformen und Medien hinweg â ist zentral fĂŒr Kommunikation, Vermittlung und Interaktion. Unsere Vision ist eine zentrale Content-Plattform fĂŒrs Museum. Die neue, auf Drupal basierende Website ist ein Pilot und Fundament dafĂŒr. Skalierung und Automatisierung â auch mit KI â werden immer wichtiger.â