Veröffentlicht auf: inside-it.ch, 16.02.2016

Daten verĂ€ndern unsere Welt. Ganz konkret, wenn jemand mit ihnen eine Frage beantworten oder ein Problem lösen kann. Wer Zugang zu Daten hat und berechtigt ist, sie zu nutzen, ist privilegiert. In unserer modernen Informationsgesellschaft können es sich weder die öffentlichen Verwaltungen noch wir als BĂŒrger, Arbeitnehmer und -geber leisten, dass der Zugang zu Behördendaten unnötig beschrĂ€nkt ist.Öffentliche Amtsstellen und von der öffentlichen Hand finanzierte Leistungserbringer sammeln, erstellen, verwalten und publizieren Daten im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages. Von allen Seiten unbestritten ist, dass diese Daten ĂŒber ihren PrimĂ€rnutzen hinaus oft ein hohes gesellschaftliches wie wirtschaftliches Potenzial haben. Unternehmen, Organisationen und einzelne Nutzer können diesen SekundĂ€rnutzen allerdings nur erschliessen, wenn diese Daten fĂŒr die Allgemeinheit offen zugĂ€nglich und frei – das heisst auch kommerziell – wiederverwendbar sind.

Google.ch, local.ch und search.ch nutzen mittlerweile offen verfĂŒgbare Sollfahrplandaten der SBB. Apple und andere Dienste verwenden Daten von Swisstopo via OpenStreetMap, und Medien wie Tamedia, NZZ und SRF erstellen regelmĂ€ssig datenjournalistische Inhalte, die auf offenen Daten basieren. Ebenfalls weitherum bekannt sind Vergleichsdienste wie Comparis.ch, die SekundĂ€rnutzen aus den vom Bundesamt fĂŒr Gesundheit verwalteten PrĂ€miendaten der Krankenkassen ziehen. Aber nicht nur grosse, etablierte Unternehmen profitieren, sondern viele Startups und KMU, die dank offenen Daten neue GeschĂ€ftsmodelle erproben und -felder erschliessen.

Innovative Anwendungen von Anwendern

Das Statistische Amt der Stadt ZĂŒrich hat es in der Schweiz auf Gemeindeebene vorgemacht und veröffentlicht seit 2012 pro-aktiv Daten der Stadt Zürich zur freien Wiederverwendung. Die Stadt ZĂŒrich stellt die Daten in maschinenlesbarer Form und unter offenen, einfach verstĂ€ndlichen Nutzungsbedingungen zur VerfĂŒgung. Einzelne BĂŒrger, Organisationen und Firmen haben aus ihnen verschiedenste . innovative Anwendungen und Dienstleistungen entwickelt. Die Dienstabteilungen der Stadt kĂŒmmern sich weiterhin um die Pflege der Rohdaten und beantworten bei Bedarf inhaltliche Fragen der Nutzer. So können Anwender die fĂŒr ihre BedĂŒrfnisse passenden Anwendungen selbst entwerfen, bauen und weiterentwickeln.

GrundsĂ€tzlich sind alle mittels Software interpretierbaren Daten maschinenlesbar. Im Zusammenhang mit offenen Daten stehen aber insbesondere Formate wie CSV, JSON, XML und Ă€hnliche im Fokus. Offene Daten mĂŒssen möglichst strukturiert verfĂŒgbar sein, um maschinelles Suchen und Sortieren zu erleichtern. WĂ€hrend Formate wie HTML und PDF fĂŒr den Menschen als Nutzer gedacht sind, lassen sich die dahinter liegenden Informationen nur mit relativ hohem Aufwand fĂŒr Maschinen nutzbar machen. Anstatt dass die Nutzer bei jeder Aktualisierung von Websites und PDF-Dokumenten im Web selbst die daraus maschinell nutzbaren Daten generieren – und dabei potenziell Fehler machen –, ist es sinnvoll, dass die Daten-Lieferanten immer auch die Rohdaten veröffentlichen. Diese liegen meist schon vor und ihre Veröffentlichung bedeutet keinen substanziellen Mehraufwand.

Auf der Ebene von Bund und Kantonen sind seit 2013 verschiedene BundesĂ€mter und der Kanton ZĂŒrich unter Leitung des Schweizerischen Bundesarchivs aktiv. Anfang Februar hat diese Allianz der Willigen als nĂ€chsten Schritt opendata.swiss, das zentrale Portal fĂŒr Schweizer Open Government Data, lanciert. Ihr Wille, PrimĂ€rdaten in maschinenlesbarer Form, unter einheitlichen Nutzungsbedingungen und standardisierten Metadaten zu erschliessen, verdient Anerkennung und weitere UnterstĂŒtzung. Mit Genf ist ein weiterer Kanton und mit der SBB auch eine erste Organisationen mit einem staatlichen Auftrag hinzugekommen.

Austausch steigert QualitÀt und Effizienz

Organisationen, die geeignete Daten offen zu Handen der Allgemeinheit publizieren, profitieren nicht nur von SekundĂ€rnutzungen, sondern auch zugunsten ihres PrimĂ€rauftrags. Denn die Nutzer geben ihnen inhaltliche RĂŒckmeldungen zur QualitĂ€t ihrer Daten. Dass Daten unvollstĂ€ndig, missverstĂ€ndlich oder fehlerhaft sein können, ist normal. Entscheidend ist, dass Fehler bemerkt und behoben werden. Die vergangenen vier Jahre haben gezeigt, dass die Open-Data-Nutzer hier bereit sind, mit zu helfen, wenn ihr Engagement wiederum allen dient. Die konkrete Praxis offener Daten verĂ€ndert so in der Tendenz die Beziehung zwischen unseren Behörden und uns als BĂŒrgern: aktive Zusammenarbeit ersetzt passive Anspruchshaltung.

Aber nicht nur Private finden offen verfĂŒgbare Daten leichter und können sie nutzen, sondern auch die Amtsstellen selbst. Auch diese Erfahrung aus anderen LĂ€ndern hat sich in der Schweiz bewahrheitet. Daten werden nicht erst auf einzelne Anfrage hin zusammengestellt und ĂŒbergeben, sondern stehen jederzeit in einem Katalog zur VerfĂŒgung. Daten-Nutzer wie -Lieferanten mĂŒssen sich nicht mit immer denselben Anfragen nach Daten beschĂ€ftigen, sondern können sich ĂŒber ungleich spannendere Fragen ihrer Anwendung austauschen. Mich erstaunt nicht, dass dieser Austausch zwischen Daten-Spezialisten auf Lieferanten- und Nutzerseite meist gut funktioniert. Beide arbeiten leidenschaftlich mit Daten und sprechen dieselbe Sprache.

Schaffen wir den Wandel?

Nichtsdestotrotz sind in der Schweiz heute noch viel zu viele fĂŒr eine offene Publikation geeignete Behördendaten nicht offen zugĂ€nglich. In seiner “Open Government Data Strategie 2014–2018” hat der Bundesrat festgehalten, dass Behördendaten ohne unnötige Verzögerung publiziert werden sollen. Dass sich die Entwicklung in diese Richtung beschleunigt, hĂ€ngt vom guten Willen von Exekutive, Verwaltung und datenpublizierenden Stellen, von der gesetzgeberischen und budgetĂ€ren Weitsicht der Parlamente, aber auch vom politischen Druck zivil-gesellschaftlicher Akteure und uns Nutzern ab. Egal ob Entwickler, Designer, Journalist, Unternehmer oder Forscher – das BedĂŒrfnis nach offenen und maschinenlesbaren Daten nimmt weiterhin nicht ab. Im Gegenteil.